Moran Haynal: Hebräische Schriftkunst in der EJKA

Moran Haynal: Hebräische Schriftkunst in der EJKA

Wie stellt man etwas dar, das nach den religiösen Geboten nicht dargestellt werden darf? Vor dieser Frage standen jüdische Künstler, denen das Bilderverbot die Abbildung beispielsweise von Menschen untersagte, jahrhundertelang. Eine elegante Lösung: Die dargestellten Menschen und Objekte wurden nicht gezeichnet, sondern geschrieben – mit langen, geschwungenen Textzeilen, oft aus religiösen Texten, in fein kalligraphiertem Hebräisch.
Diese ganz besondere und typisch jüdische Tradition geriet in der Neuzeit wieder in Vergessenheit. Der Maler, Grafiker, Kalligraph und Sofer Moran Haynal hat sich ihrer nun wieder angenommen und zeigt in seinen Arbeiten, dass die jüdische Schriftkunst auch in der heutigen Zeit nichts von ihrer Faszination verloren hat. Haynal, der nach 2013 bereits zum zweiten Mal im Janusz Korczak Haus ausstellt, verarbeitete jedoch nur zu Beginn ebenfalls religiöse Texte. Seine aktuelle Werkschau „Shir HaShirim“ (der hebräische Name des Hoheliedes, wörtlich „Lied der Lieder“) versammelt die Verbildlichungen zeitgenössischer israelischer Lyrik.

Einer Einführung von Dr. Katrin Diehl folgt anschließend noch eine musikalische Aufbereitung ausgewählter Bilder und Gedichte. Die Werke werden zudem auf Deutsch sowie im hebräischen Original vorgetragen.

Werkschau „Shir HaShirim“ von Moran Haynal
Europäische Janusz Korczak Akademie
Sonnenstraße 8, 80331 München
12. März bis 2. April 2015

Ein erläuterndes Wort von Dr. Katrin Diehl:

Moran Haynal, 1949 in Budapest geboren, kam über das Wort zum Bild, über den Buchstaben zur Kabbala und über die Schrift überallhin. Die Schrift, im eigentlichen und uneigentlichen Sinne, machte für ihn, den Maler, den Graphiker, den Kalligraphen, den Juden, den Weg frei. Als praktizierender religiöser Mensch hatte er eine Möglichkeit gefunden, seine Fähigkeiten mit seinem künstlerischen Ausdruck zu paaren und Bilder zu schaffen. Für einen denkwilligen, lebendigen, kreativen Menschen, für den Gesetzesgläubigen und -treuen besteht der Sinn der (g’ttgegebenen) Gesetze nicht darin, sie zu befolgen, sondern sie zu erkennen. Wer sie erkennt, befolgt sie. Wer sie befolgt, erkennt sie. Damit konnte Moran Haynal, der 1990 mit Frau und zwei Kindern Aliya gemacht hatte, der in Beth El durch das Studium der klassischen jüdischen Kalligraphie zum Sofer, einem Schrajber, geworden war, der Thora-Rollen, Mesusot, Tefillin, Ketubot fertigen durfte, damit konnte er in seiner großformatigen Malerei an eine Tradition anknüpfen. Er umging das selten begriffene Bilderverbot nicht, er entdeckte es für sich. Er erkannte.

Wie ist es einem jüdischen Künstler möglich, etwas darzustellen, was nach dem jüdischen Gesetz nicht dargestellt werden darf – besser gesagt und schon begriffen – nicht dargestellt werden kann? Er muss dieses jüdische Gesetz durch sich sprechen lassen und schreiben, religiöse Texte, auf geschwungenen Linien, bis sie ein Bild ergeben. Eine alte Tradition, wie gemacht dafür, dass Moran Haynal an sie anknüpfte. Esthers Haare erzählen im Auf und Ab das Auf und Ab, das Ab und Auf, die Purimgeschichte, an deren Ende der Sieg über Haman steht. Das jüdische Volk ist gerettet.

Moran Haynal zitiert in seinen Bildern. Das Plakative der Pop-Art ist mehr als ein Zitat, es ist eine Strömung, in der er sich zuhause fühlt und in der er zeichnerische, graphische und malerische Elemente geradezu kongenial verbinden kann. Das Reklamehafte zeigt ihn als Blickfänger (dem Kunststudium in Wien hatte Moran Haynal das der Kommunikation in Budapest angeschlossen). Jede anklingende Erotik versinkt in den Tiefen der Grotesken, zumindest der der Dekadenz.

Vor einigen Jahren zog Moran Haynal nach München, der Liebe wegen. Er gründete eine neue, eine zweite Familie. In der Europäischen Janusz Korczak Akademie stellte er bereits 2013 aus. Aktuell werden in seiner „Werkschau: Shir HaShirim (Lied der Lieder)“ Bilder zu sehen sein, die an das gerade vergangene Purim-Fest sowie das jetzt anstehende Pessach-Fest anknüpfen. Im Mittelpunkt aber sollen Verbildlichungen zeitgenössischer israelischer Lyrik stehen. Zur Vernissage wird es demnach nicht nur vieles zu sehen, sondern auch einiges zu hören geben.

Megillat Judith (nicht Teil der Ausstellung), © Moran Haynal

Megillat Judith (nicht Teil der Ausstellung), © Moran Haynal

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